Trauer um Ringo Hercegovac

Die Fußballregion trauert um einen Charakterkopf: Ringo Hercegovac ist am Freitag nach langer Krankheit im Alter von 72 Jahren gestorben. „Mit Ringo haben wir nicht nur einen Torwarttrainer, sondern auch einen guten Freund verloren. Unser tiefstes Mitgefühl und viel Kraft in diesen schweren Stunden gehen an seine Ehefrau, seine Kinder und allen weiteren Angehörigen“, schrieb der FC Olympia Lampertheim auf Facebook. Beim FC Olympia war „Ringo“ seit 2012 als Torwarttrainer aktiv, noch zu Beginn der Rückrunde stand er auf dem Trainingsplatz.


Auch der FV Hofheim, bei dem Hercegovac sein längstes Engagement hatte, trauert. „Mit ihm geht nicht nur ein großartiger Sportsmann, sondern auch ein unheimlich guter Mensch“, sagte FVH-Urgestein Herbert Kern. Aljia Hercegovac, den die meisten nur unter seinem nie geklärten Spitznamen „Ringo“ kennen (Kern: „Darüber haben wir seltsamerweise nie gesprochen“), hinterlässt Ehefrau Nada und zwei erwachsene Kinder. Der gebürtige Bosnier war 1968 nach Deutschland gekommen und wohnte seitdem in Lampertheim. Neben seiner Tätigkeit als Dreher, die er bis zur Rente ausübte, arbeitete Hercegovac zeitweise auch als Taxifahrer. „Seine Leidenschaft waren aber die Familie und der Sport“, erklärte Kern, der „Ringo“ Mitte der 80er Jahre nach Hofheim holte.


Während Hercegovac im früheren Jugoslawien höherklassig parierte, war er in Deutschland auch wegen Knieproblemen nie aktiv. Seine Liebe zum Fußball lebte „Ringo“ deshalb als Schiedsrichter und Torwarttrainer aus. „Es gibt keinen Torhüter in Lampertheim, den er nicht trainiert hat. Und zu allen hat er ein richtig gutes Verhältnis gepflegt“, hielt Kern fest. Der erste Satz klingt wie eine Übertreibung, könnte aber hinkommen: Neben Hofheim und Olympia kümmerte sich „Ringo“ – zum Teil parallel – um die Schlussmänner von VfB und Azzurri Lampertheim.


Gespür für Talente


In den Jugendabteilungen von Wormatia Worms und beim 1. FC Kaiserslautern bewies Hercegovac ein Gespür für Talente, unter anderem formte „Ringo“ die aus Bürstadt stammenden Wormatia-Keeper Chris Keilmann und Jannik Hüter. Nicht zuletzt deshalb war Hercegovac auch für Junioren- und Sommercamps ein gefragter Mann.

„Wenn ich als Trainer der ersten Mannschaft zum Training kam, war Ringo schon drei Stunden da, weil er die Jugend trainiert hatte. Der hat ja alles gemacht“, blickte Kern mit großer Freude auf die Fußballjahre mit seinem besten Freund zurück. Olympia-Sportausschusschef Patrick Andres teilte Kerns Einschätzung: „Ringo hätte man rund um die Uhr anrufen können. Er war ein ruhiger Zeitgenosse, der einfach Spaß hatte und sich seine Erkrankung nie anmerken ließ.“

An der Seite von Herbert Kern landete Hercegovac auch seinen größten Coup als Torwarttrainer. Keinen Geringeren als den späteren DFB-Nationaltorwart Timo Hildebrand ließ das Trainer-Duo im Alter von zwölf Jahren bei der ersten Mannschaft mittrainieren. 1994 wechselte der damals 15-jährige Hildebrand von seinem Stammverein in die Jugend des VfB Stuttgart, mit dem er 2007 Deutscher Meister wurde.

„Timo hat Ringo nie vergessen“, erinnerten sich Kern und Andres unabhängig voneinander an eine Einladung des späteren Schalke-Keepers zu einem Spiel nach Gelsenkirchen. Auf Instagram teilte Hildebrand am Samstag zwei Fotos mit seinem Entdecker – mit den folgenden Worten: „Ringo! Du hast mir alles gegeben! Du hast mich gelehrt, was es heißt, Torhüter zu sein! Du warst immer für mich da. Danke dir aus tiefstem Herzen! Ruhe in Frieden! Ich bin sehr traurig, dass wir uns nicht mehr sehen konnten! R.I.P.“


Quelle: Südhessen Morgen / Claudio Palmeri

Foto: Nix

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